Kein Tracking mehr: Was bedeutet das für die Werbebranche?

Das angekündigte Ende der Third Party Cookies bis 2022 sorgte im März für viel Aufsehen in der Werbebranche. Google möchte künftig darauf verzichten, seinen Nutzern Werbeanzeigen auszuspielen, die unter der Auswertung des Surfverhaltens personalisiert wurden. Dabei gilt aber genau diese auf die individuellen Interessen zugeschnittene Werbung als besonders effektiv. Künftig sollen also nur noch Websitebetreiber darüber informiert werden, wer ihr Angebot aufruft. Aus Sicht der Werbebranche gleicht dieses Vorhaben einem Tiefschlag, da ihnen die wichtigste Ressource entzogen wird: Daten.

Das Hauptargument für die Abschaffung der Cookies von Drittanbietern ist die signifikante Erhöhung der digitalen Privatsphäre der Google-Nutzer. Denn der Großteil dieser ist von Online-Werbung nicht sonderlich begeistert – im Gegenteil. Die nahezu perfekt abgestimmten Werbebanner veranlassen so manchen Nutzer zu der Verschwörungstheorie, dass das Smartphone-Mikro abgehört wird. Keine Sorge, nach dem geltenden Datenschutzrecht wäre eine permanente Mithörfunktion ganz klar rechtswidrig. Doch wo kein Kläger, da kein Richter – das ist aber ein anderes Thema ;)

Auf personalisierte Werbung muss nicht verzichtet werden

Unter dieser Veränderung, welche einem Paradigmenwechsel gleicht, haben besonders Werbetreibende zu leiden, da sich zwangsläufig das komplette Geschäftsmodell verändert und mit Einbußen in der Web-Analyse gerechnet werden muss. Doch Google verspricht Werbetreibenden eine gleichwertige Alternative, ohne dass der Nutzer mittels Cookies quer durch das ganze Web verfolgt werden muss. Um dieses Versprechen eines zielgenauen und datenschutzkonformen Targeting zu ermöglichen, setzt Google zukünftig auf anonymisiertes Gruppen-Targeting. Mit der „Privacy Sandbox“ und der Browser-Technologie Namens FLoC (Federated Learning of Cohorts) sollen große Menschengruppen in Clustern nach Gemeinsamkeiten zusammengefasst werden. Die Einteilung in diese Interessensgruppen (Kohorten) erfolgt durch einen speziellen Algorithmus, der die Browser-Aktivitäten eines Google-Nutzers in sogenannte „Sim-Hash“ zusammenfasst und anschließend kategorisiert. Basierend auf den Browser-Daten der Vorwoche werden Nutzer vom Algorithmus also wöchentlich in neue Kategorien eingeteilt. Die ID dieser Kohorten wird anschließend zu Werbezwecken weitergegeben.

Die drei Vorteile von FLoC:

Google sieht FLoC als ebenbürtigen Ersatz für Nutzer-Tracking bei mindestens gleichbleibenden Werbeerlösen mit drei zentralen Vorteilen:

  • Der einzelne Nutzer geht in der Menge unter: Die Kohorten umfassen so viele Personen, dass nicht auf den individuellen Nutzer geschlossen wird. Gleichzeitig sind sie spezifisch genug, um ein effektives Ad Targeting zu ermöglichen.
  • Der Browser-Verlauf wird nicht geteilt: Die individuellen Benutzerdaten werden lokal im Browser gespeichert und weder Google noch anderen Dritten weitergegeben. Ausschließlich die Gruppen-ID wird für Werbezwecke geteilt.
  • Sensible Bereiche werden nicht in die Kohorte aufgenommen: Zu niemandem ist der Nutzer ehrlicher als zum Suchfeld von Google. Hierbei werden auch nach Krankheitsbildern und anderen sensiblen Themen gesucht, welche laut Google von den Kohorten ausgespart werden sollen

Datenschützer befürchten Missbrauch

Obwohl sich die Browser-Technologie FLoC nach einer datenschutzfreundlichen Alternative zu den bisherigen Third-Party-Cookies anhört, ist sie mit starker Kritik von Datenschützern, Wettbewerbern und Contentmanagementsystemen konfrontiert. Die Bürgerrechtsorganisation Electric Frontier Foundation (EFF) kritisiert die Google Tracking Alternative offensiv auf ihrem Blog mit der Befürchtung, dass FLoC eine viel höhere Gefahr für die Privatsphäre von Web-Nutzer darstellt als das Verfolgen mittels Third-Party-Cookies. Die Zusammenfassung der Nutzer in Interessensgruppen würde heimliches Webtracking per Browser-Fingerprinting potenziell erleichtern, ohne das der Nutzer hiervon etwas merkt. Da das Unterbinden von Browser-Fingerprinting schwieriger ist als das Unterbinden von Cookie-basiertem-Tracking, ist es zudem für den Nutzer kaum möglich, dies zu unterbinden.

Google hat dies als Herausforderung anerkannt und hat versprochen, es als Teil des umfassenderen "Privacy Budget"-Planes zu lösen, um langfristig mit Fingerprinting umzugehen. Dennoch haben nun nach DuckDuckGo, Brave und Vivaldi auch Microsoft, Apple und Mozilla bekannt gegeben, dass die Browser-Technologie FLoC nicht in ihre Browser einziehen wird. Auch Wordpress positioniert sich ganz klar gegen FLoC, indem die Technik wie ein „Sicherheitsproblem“ behandelt und deswegen standardmäßig blockiert wird.

Fazit:           

Third-Party-Cokies gehören zu den Lieblingstools der Werbetreibenden, da die generierten Daten zahlreiche Möglichkeiten für zielgerichtetes online Marketing ermöglichen. Maßnahmen wie individuelles Targeting und Remarketing sind ein wichtiger Bestandteil hiervon. Sollte sich FLoC planmäßig durchsetzen, wird sich für Werbetreibende wohl gar nicht so viel ändern, wie es den Anschein macht. Diese können Anzeigen weiterhin zielgruppenorientiert schalten und sollen hinsichtlich ihrer Werbewirksamkeit und -effizienz keine großen Abstriche machen müssen. Google geht sogar so weit zu versprechen, dass die FLoC-Methode zu 95% so effektiv wie die vorherigen Tracking-Maßnahmen sein soll – ob dies der Realität entspricht, wird sich zeigen. Werbende mit Nischenprodukten könnten es allerdings mit FLoC schwerer haben, genügend User für ihre Kohorten zusammenbekommen. Google Analytics wird hierbei zum entscheidenden Steckenpferd für Werbetreibende um eigene Datentöpfe aufzubauen.

Letztendlich sind die Auswirkungen auf die Werbeindustrie nicht eindeutig. Ob FLoC der erwünschte Kompromiss für die Werbebranche und die nach Privatsphäre fordernden Nutzer ist, ist umstritten. Fakt ist aber, dass das Google-Projekt in einer Bruchlandung enden wird, sollte die Anti-FLoC-Koalition weiter wachsen – denn selbst ein Big Player wie Google muss sich derartigem Gegenwind irgendwann beugen. Wir sind auf alle Fälle gespannt und berichten über Neuigkeiten!

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